Die Aussage „Mädchen spielen lieber mit Puppen, Buben lieber mit Autos“ ist längst widerlegt. Püppi ist das beste Beispiel dafür. Sie liebt ihren Hubschrauber und ihr Flugzeug, ist im Restaurant mit ihrem Holzauto abzulenken und hat zwar zwei Puppen, um die sie sich liebevoll kümmert. streichelt ihren Schaukeldino aber auch mindestens ein Mal am Tag. Dennoch: Ob in der Werbung oder der Lieblingssendung im TV: Geschlechtsstereotype werden, wenn es um die Kleinen geht, leider immer noch allzu oft befeuert. Was können Eltern dagegen tun?
Ein untrügliches Zeichen für Rollenklischees ist die Farbverteilung. Mädchen tragen Pink, lauter Dinge mit Glitzer und Beige. Buben neigen zu dunkleren Farben, Bagger-Abbildungen und vor allem jeder Menge Blau. Zumindest, wenn es nach den großen Gewandgeschäften in der Stadt geht. Aber auch bei einer der Lieblingsserien meines Neffen. Die fliegende Sky aus „Paw Patrol“ ist ein Traum in Pink, Chase, der Polizeihund, hingegen der Held in Blau. Diese Stereotype reichen bis ins Erwachsenenalter. Rasierer in Rosa für Frauen, in Blau für Männer. Die Idee dahinter: Gendermarketing. Das FUMA, die Fachstelle für Gender & Diversity NRW, erklärt: „Gender Marketing beschreibt Marketing-Prinzipien und -Strategien, die auf die Bedürfnisse von weiblichen oder männlichen Kundinnen und Kunden abzielen. Die Annahme, die dem zugrunde liegt: Frauen und Männer kaufen und konsumieren unterschiedlich, weil sich ihre Lebenswelten und -erfahrungen unterscheiden.“
Bipolare Produkte, stereotype Rollenvorstellungen
Die Ideologie zementiert konventionelle Geschlechterverhältnisse und verstärkt seit Jahren (bzw. Jahrzehnten) Klischees. Es werden vorrangig bipolare Produkte angeboten und stereotype Rollenvorstellungen bedient. Neutrales Spielzeug ist schwer zu finden. Immerhin kann man alles, was man in zwei Farben herstellt, auch zwei Mal verkaufen. Stevie Schmiedel, Chefin von Pinkstinks, einer Protestorganisation, die gegen Sexismus und Geschlechterklischees in Werbung, Medien und Gesellschaft kämpft, erklärt dem Deutschlandfunk in einem Interview: „Das blaue Fahrrad für den Jungen, mit dem Piraten drauf. Das rosafarbene für das Mädchen. Dann kann auch nicht untereinander vererbt werden, alles wird doppelt konsumiert, das passt hervorragend zusammen.“
„Wichtig, toxische Männlichkeitsbilder aufzubrechen“
Das dabei auch von der Gesellschaft vorgegebene Idealbilder vermittelt werden, ist zusätzlich infrage zu stellen. Aktuell „In“ sind bei vielen Mädchen etwa Puppen und Spielsachen, die zum Disney-Film „Frozen“ gehören. Im Mittelpunkt steht die Eiskönigin Elsa – eine gertenschlanke Figur mit hellblondem Haar und großem Augenaufschlag. Auch die Barbie-Puppe ist nach wie vor ein Verkaufsschlager. Ebenfalls blond und schlank. Schmiedel: „Diese Fokussierung aufs Äußere – und das zeigen zahlreiche Studien – ist schwierig für Mädchen, die so sehr darauf achten, nett und lieb und hübsch zu sein, dass sie es dann schwieriger haben, mit der Faust auf den Tisch zu hauen und ihr Gehalt einzufordern oder sexuellen Übergriffen entgegenzutreten.“
Schmiedel findet die nach Geschlechtern getrennten Spielwelten aber auch für Jungen problematisch: „Wenn ein Junge heute mit rosa spielt und einen kleinen rosa Pudel mit in den Kindergarten bringt, dann wird er schnell vom halben Kindergarten gemobbt. Weil die Vorstellung da ist, dann bist Du kein richtiger Junge. Es ist ganz wichtig, diese toxischen Männlichkeitsbilder aufzubrechen, damit Jungs eben auch wild und stark sein können, aber eben auch zart und niedlich.“
Ergebnis sozialer und angeborener Faktoren
Bietet man beides an, greift das Mädchen trotzdem zur Puppe und der Junge zum Auto, hat das, laut einer Studie, erschienen in der Fachzeitschrift „Infant and Child Development“, erst mal nichts mit Erziehungsversagen zu tun. Als Elternteil braucht man also kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn die Tochter im Spielzeugladen lieber ein pinkes Kuscheltier als das geschlechtsneutrale Holzspielzeug haben möchte. Die Spielzeugvorlieben „scheinen das Ergebnis von angeborenen und sozialen Faktoren zu sein“, so die Forscher. Es existiert eine milde genetische Veranlagung, dass Jungen eher auf Fahrzeuge und Mädchen eher auf Puppen stehen. Das ist erst mal weder gut noch schlecht – sondern einfach so.
Verstärkt werden diese Grundvorlieben jedoch durch das soziale Umfeld: Rollenvorstellungen, Medien, Werbung und das Spielzeugangebot. So bekommt in vielen Familien etwa die Tochter Mamas alten Puppenwagen und der Sohnemann Papas Matchbox-Autos vererbt. Und auch die Großeltern schenken Spielzeug. Und die sind oft noch mehr in alten Stereotypen verhaftet.
Genderforschung rät zu Offenheit
Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass man solche Geschenke ablehnen sollte oder den alten Puppenwagen nicht weiter nutzen darf. Die Genderforschung rät jedoch grundsätzlich zu Offenheit und dazu, Klischeefarben zu vermeiden. Und vor allem dazu, das Eltern am Spiel teilnehmen. Um Vorbild und Spielpartner in einem zu sein.
Hier ein paar Bücher, die auf spielerische Weise Rollenbilder umdrehen und infrage stellen, ebenso wie eine Auswahl an Büchern, die einfach Mut machen:
#1. Jetzt bin ich ein Kita-Kind
Endlich darf Ben in die Kita. Er freut sich auf seinen ersten Tag, ist aber auch ein bisschen aufgeregt. Anders als in vielen anderen Kinderbüchern wird Ben von seinem Papa in den Kindergarten gebracht, die Mama hingegen geht ins Büro. Das Buch „Jetzt bin ich ein Kita-Kind“ ist ein absoluter Typ für alle #workingmums, deren Kinder mit der Eingewöhnung starten.
#2. Kalle und Elsa
Zum ersten Mal woanders übernachten?! Das ist aufregend und spannend, aber auch mit Ungewissheit und oft auch mit Ängsten verbunden. So geht es auch Kalle und Elsa. Doch wie vieles im Leben, das man zum ersten Mal macht: Man schafft es doch und ist hinterher „ein Stück an sich selbst gewachsen“. „Kalle und Elsa“ ist ein besonderes Bilderbuch-Abenteuer als Mutmacher zum Thema: „Übernachtungsbesuch“.
#3. Soll ich es sagen?
Ramin lernt in in dem Buch „Soll ich es sagen?„, wann er ein Geheimnis für sich behalten darf und wann er es besser erzählen sollte. Denn Geheimnisse können auch belasten. So können Kinder darin bestärkt werden, sich in unangenehmen Situationen Hilfe zu holen.
#4. Familie. Das sind wir!
Was ist eine Familie? Was macht sie aus und wozu ist sie eigentlich gut? Dieses Buch zeigt die vielfältigen Formen, die eine Familie haben kann und erklärt, dass jede Art von Familie ganz normal ist!
#5. Zusammen!
Die frechen Reime und die farbenfrohen, detailreichen Bilder laden zum Vorlesen und selber Reimen, zum Schauen und Lachen ein – am besten gemeinsam! Ein Buch über Freundschaft, Toleranz und Zusammenhalt.
Bilder (c) Pixabay
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