Wir haben für Montagabend einen Tisch beim Figlmüller in der Innenstadt reserviert, um noch einmal schön essen zu gehen, bevor die Restaurants am Dienstag wegen des zweiten Lockdowns für einen Monat schließen. Ich habe mich geärgert, dass die geplante Babyparty für eine Freundin wegen der neuen Verordnung nun ins Wasser fällt, wir unseren geplanten Südsteiermark-Urlaub stornieren mussten und unsere lieb gewonnene Thanksgiving-Tradition nicht stattfinden kann. Im Lokal haben wir noch ausgiebig gegessen und sind mit vollem Bauch Richtung nach Hause gegangen. Quer durch den ersten Bezirk. Bis uns bewaffnete Polizisten lautstark aufforderten, die Straße zu verlassen und wir uns in ein Lokal drängten. Der Grund: Ein Amoklauf in Wien.
Plötzlich ist alles anders.
Wenn man in einer Weinbar auf dem Boden liegt, spielt es auf einmal keine Rolle mehr, dass man für ein Monat nicht mehr in sein Lieblingsrestaurant gehen wird, sportliche Aktivitäten vom Fitnesscenter nach draußen verlegen muss, oder Einkaufen und Öffifahren nur noch mit Mund-Nasen-Schutz möglich ist. Es ist egal, ob man nicht auf Urlaub fahren kann, weil man nur nach Hause zu seiner Familie will.
Plötzlich ist alles anders.
Wenn man einer weinenden Frau tröstend die Hand reicht, denkt man nicht darüber nach, ob sie sich vorher die Hände gewaschen hat. Der Sicherheitsabstand wurde von den aus Angst an die Lokalwand gedrückten Menschen mit Sicherheit nicht eingehalten. Rund um uns wurden Zivilisten zu Ersthelfern oder Lebensrettern – und trugen dabei keine Maske.
Plötzlich ist alles anders.
Alle Gedanken, die der zweite Lockdown mit sich bringt, wurden gestern Abend plötzlich null und nichtig. Die Sorgen rund um das Virus waren kurzzeitig vergessen. Und, am Wichtigsten: Social Distancing existierte für einen Moment nicht mehr. Stattdessen rückte etwas anderes in den Vordergrund: Zusammenhalt. Wien hält zusammen. Auch wenn der Schock noch für längere Zeit tief in den Knochen sitzen wird.
Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer und bei den Verletzten.